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Vom 23. bis zum 28. Juli fand die internationale FAB Konferenz in Bhutan statt. Bhutan ist ein winziges Königreich im Himalaya zwischen Indien und China, östlich von Nepal, das besonders fĂŒr die Idee des BruttonationalglĂŒcks bekannt ist.

Schumi und Julian haben die lange Reise nach Bhutan angetreten und das ZAM und besonders unsere Arbeit im Bereich Ehrenamt und Community Building prÀsentiert.

Schumi und Julian auf einem HĂŒgel ĂŒber Thimphu, mit Gebetsfahnen im Hintergrund.

Los ging es am Sonntag mit dem FAB Festival, im Zentrum der Hauptstadt Thimphu. Im Rahmen eines Vorprogramms wurden “Challenges” in Zusammenarbeit mit lokalen Akteuren (z. B. Weberinnen, die RĂŒckenprobleme vom Weben haben), Mitarbeitenden aus den FabLabs vor Ort und internationalen Teilnehmenden zu sechs verschiedenen Herausforderungen erarbeitet:

  • Klimaanpassung der Landwirtschaft
  • Wasseraufbereitung und -einsparung
  • Frieden zwischen Wildtieren und Landwirtschaft
  • Bewahrung von Webtraditionen
  • UnterstĂŒtzung von Kindern mit Behinderungen
  • VerlĂ€ngerung der Austernpilzernte

Im Rahmen des Festivals haben die Projekte ihre Ergebnisse der 1-wöchigen Zusammenarbeit der Öffentlichkeit prĂ€sentiert.

Am Montag startete dann das Kernprogramm der Konferenz. Jeden Tag gab es bis zum Mittag VortrĂ€ge und Podiumsdiskussionen sowie das traditionelle FABercise (gemeinsamer Morgensport mit dem ganzen Publikum). Zur BegrĂŒĂŸung sprach der Außenminister von Bhutan, Tandi Dorji. Seine Rede wirkte sehr offen und authentisch mit guten Erkenntnissen. Beispielsweise, dass innovative Technologien einfach zugĂ€nglich und verstĂ€ndlich sein mĂŒssen, und fĂŒr alle, bis hin zu den Bauern in ihren kleinen Dörfern, einen Fortschritt bringen mĂŒssen. Eine Frage, die wir uns auch oft im ZAM in unterschiedlichem Kontext stellen, z. B. wenn es darum geht, neue Kommunikationsmedien in der Community einzufĂŒhren.

Nach dem Mittagessen, das vorwiegend aus Reis und Chili bestand (Chili ist in Bhutan ĂŒbrigens ein GemĂŒse und kein GewĂŒrz!), ging es weiter mit parallel laufenden Workshops und VortrĂ€gen. Das Workshop-Programm war sehr vielfĂ€ltig, daher folgt hier nur eine Auswahl, die Julian und Schumi besucht haben:

  • “Toward a zero-waste FabLab: recycle plastics with a simple t-shirt heat-press”
    Alle, die 3D-Drucker haben – wie auch das ZAM –, kennen es: Es entsteht ungewollter PlastikmĂŒll, z. B. durch Fehldrucke oder nicht mehr benötigte Teile. Was machen? Recycling als neues Filament fĂŒr 3D-Drucker ist sehr kompliziert. In diesem Workshop wurde ein einfaches Verfahren vorgestellt, um PLA-MĂŒll zu Plattenmaterial zu verarbeiten, mit Mitteln, die im ZAM sowieso schon vorhanden sind. Dabei werden zunĂ€chst die 3D-DruckabfĂ€lle nach Farben sortiert und geschreddert, dann auf einer Silikonmatte gleichmĂ€ĂŸig ausgebreitet und zuletzt mit der Heißpresse zu Platten verpresst. DemnĂ€chst werden wir dieses Verfahren auch im ZAM einfĂŒhren. Hier gibt es einige Beispiele, was mit dem Ergebnis gemacht werden kann.
  • Hand Paper-Making in Buthan, a unique experience
    Nachdem wir eine Papierfabrik besucht und aus erster Hand erfahren haben, wie Papier mit traditionellen Methoden handgefertigt wird, probierten wir dies anschließend selbst aus. Man kann aus fast allem, was Fasern enthĂ€lt, Papier herstellen. Altes Papier, Textilien, Bananenschalen, sogar aus Kaffee. Alles, was man braucht, ist ein KĂŒchenmixer, etwas StĂ€rke, Wasser und ein Sieb. Es ist eine wunderbare Möglichkeit, alte Materialien wiederzuverwenden und ein unterhaltsames Projekt, das zu sehr kĂŒnstlerischen Ergebnissen fĂŒhrt. DemnĂ€chst probieren wir das auch im ZAM.
  • Community Matters: Driving Impact through Community Engagement
    Es wurde eine Methodik und Struktur vorgestellt, um verschiedene Projektpartner:innen fĂŒr gemeinsame Projekte zusammenzubringen. Welche Fragen und Überlegungen angestellt werden sollten und wie man verbindliche Vereinbarungen trifft, war Kern dieses Workshop. Wir werden dies bei kĂŒnftigen Projektkooperationen ausprobieren.
  • How to add machine learning to almost anything?
    Sensoren und Mikrocontroller gibt es schon seit Langem, aber sie sind schwer zugĂ€nglich oder nicht einfach zu bedienen. Seed Studio versucht, dies zu Ă€ndern und geht auch auf die Einstiegsschwelle ein, geeignete Software fĂŒr die Arbeit mit diesen Sensoren zu schreiben. Ziel ist es, den Menschen die Nutzung modernster Techniken zur Messung ihrer Umwelt einfach und zugĂ€nglich zu machen. In diesem Workshop wurden kostengĂŒnstige Sensoren in Kombination mit maschinellem Lernen demonstriert, die Interessierten den Einstieg leicht machen. Wir sehen viel Potenzial und hoffen, hier in Zukunft eine Zusammenarbeit aufzubauen.
  • “Affordable software-defined optics”
    Mit einem speziellen LCD-Display ist es möglich eine Linse fĂŒr Laser zu “simulieren”. AbhĂ€ngig davon, was fĂŒr ein Muster auf dem LCD-Display angezeigt wird, wird der Laserstrahl zu einem (einfachen) Bild auf einer definierbaren Fokusebene gebracht.
    All das ist aktuelle Forschung am MIT, welche eigentlich nur mit sehr teurem Laborequipment möglich ist 
 Mit Technik aus gĂŒnstigen Beamern lĂ€sst sich dies fĂŒr unter 200 € auch selbst nachbauen und damit experimentieren.
  • Experience the new fablabs.io
    Weltweit sind FabLabs unter der Webseite fablabs.io zu finden. Diese Webseite wurde mithilfe eines EU-Förderprogramms entwickelt, aber wie es so oft ist bei Förderprogrammen: Der langfristige Unterhalt wird nicht finanziert. Hier wurde nun ein neuer plattformbasierter Ansatz entwickelt und der erste Prototyp gezeigt. Nach erstem umfassenden Feedback hat man nun die Hoffnung, eine nachhaltige Plattform fĂŒr die weltweite Vernetzung zu schaffen.

Am Dienstag hielten Schumi und Julian dann ihren Vortrag zum ZAM, dem ehrenamtlichen Engagement und unserem Community-Building-Ansatz. “Bootstrapping a 3.000 qm Makerspace with volunteers”: Eine Aufzeichnung des Vortrags, der auf viel Interesse beim Publikum stieß, ist hier zu finden.

Neben vielen weiteren VortrĂ€gen, Workshops, Podiumsdiskussionen und FABercises waren es vor allem die persönlichen GesprĂ€che und die daraus gewonnenen Perspektiven, die diese Reise zu einer unschĂ€tzbar wertvollen Erfahrung werden ließen. Viele Herausforderungen und Fragestellungen, aber auch Konzepte und Lösungen, die FabLabs weltweit beschĂ€ftigen, konnten hier gemeinsam an einem Ort diskutiert werden.

Sprich Schumi und Julian gerne an, wenn du mehr zur FAB23 und den dort gemachten EindrĂŒcken und mitgebrachten Erfahrungen erfahren möchtest.

Über das Land Bhutan lĂ€sst sich zu guter Letzt sagen, dass der Besuch fĂŒr die beiden eine beeindruckende Erfahrung war: “Allem voran sind es die große Freundlichkeit, GlaubwĂŒrdigkeit und Offenheit, die uns hier von den Menschen entgegengebracht wurde. Bhutan ist ein wundervolles Land, das einen tiefgreifenden Wandel durchlĂ€uft und sich der Welt und der Technologie öffnet. Wir waren dankbar, dies miterleben zu dĂŒrfen und können nur sagen, dass wir AnhĂ€nger des neuen Landesmottos sind: „believe“.”

Wir danken dem BBSR, das den Konferenzbesuch im Rahmen des Post-Corona-Stadt-Projektes der Nationalen Stadtentwickungspolitik unterstĂŒtzt hat.